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Bitte keine falschen Informationen, Frau Heil!

Sehr geehrte Frau Heil,

vielen Dank für Ihre Antwort per eMail auf die foodwatch-Kampagne vom 13.04.2015.

Sie schreiben, dass die Bundesregierung "auch davon ausgeht", dass es sich  um ein "gemischtes Verfahren" handelt. Was heißt davon ausgeht? Was dann, wenn nicht? Dürfen wir jetzt so lange darüber spekulieren, ob uns die EU freundlicherweise das Recht einräumt, über dieses Freihandelsabkommen zu bestimmen? Ich finde, es muss selbstverständlich sein, dass jedes EU-Land darüber entscheiden kann, den Freihandelsabkommen CETA, TTIP und TiSA zuzustimmen oder eine Absage zu erteilen.

Vertrag von Lissabon

Beim Vertrag von Lissabon, der sogenannten "EU-Verfassung" wurden wir Bürger noch nicht einmal zum Schein beteiligt. Aber auch wenn wir beteiligt worden wären, dann wäre es uns wahrscheinlich genau so ergangen wie den Franzosen, Niederländer und Iren. Die haben sich gegen den Vertrag von Lissabon ausgesprochen. Aber die EU-Diktatoren in Brüssel haben sich darüber hinweggesetzt. Jetzt wundern sie sich, dass es immer mehr Zulauf beim rechten Rand gibt.

Defizite

Habermas PolitikAm Freitag, 17. April 2015 haben Sie bei der TTIP-Veranstaltung in Mayen Ihrem Unmut Luft gemacht. Sie finden es unverschämt, dass Ihnen als Bundestagsabgeordnete CDU/CSU über Nichtregierungsorganisationen Post der Bürger zugestellt wird. Die Politiker haben noch nicht verstanden, dass sie selbst für das Erstarken der Nichtregierungsorganisationen verantwortlich sind. Es sind die für die Bürger spürbaren Defizite, die die Bürger nicht mehr bereit sind, hinzunehmen. Im Übrigen möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass es das „ticket“ der Bürger – und nicht das der Konzerne – ist, auf dem Sie sitzen.

In einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ wurde im Bundestag am 29.06.2012 der EMS-Vertrag – auch von Ihnen – mit beschlossen. Damit haben Sie die Alternativlosigkeit von Frau Merkel  unterstützt. Die Bundesbürger haften mit 189 Mrd. Euro. Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken, wenn Deutschland zur Kasse gebeten wird.

In Ihrem Redebeitrag vor dem Deutschen Bundestag am 15. Jan. 2015 ließen Sie nicht erkennen, was Sie unter „gesunder Ernährung“ verstehen. Ihnen fehlt offensichtlich ernährungswissenschaftlicher Hintergrund.  Es hätte von Ihrer Seite Hinweise auf fabrikzucker-, auszugsmehl-, fabrikfett- und gentechnikfreie Lebensmittel bedurft. Aber mit solchen Hinweisen wären Sie in Ungnade gefallen – zum Schaden ihres politischen Fortkommens. Da lebt es sich mit Floskeln und Sprechblasen einfach leichter. Spätestens seit 1970 leben wir im Zeitalter der modernen Ernährungswissenschaft, die von verantwortungsvollen, wirtschaftlich unabhängigen Wissenschaftlern wie Prof. Werner Kollath, Prof. Lothar Wendt, Dr. Max Otto Bruker und vielen anderen geprägt wurde. Doch die Nahrungsmittelindustrie hat das Zepter in der Hand und bestimmt, was gesunde Ernährung ist. Die Politik muss nach ihrer Pfeife tanzen.

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Foodwatch klärt auf:  Falsche Zahlen, falsche Prognosen, falsche Versprechen

„Ob BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie), INSM (Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft) oder VDA (Verband der Automobilindustrie) – alle hatten das geplante Freihandelsabkommen mit falschen Zahlen angepriesen. Und alle mussten ihre Angaben zu den möglichen wirtschaftlichen Effekten von TTIP nach unten korrigieren, nachdem wir die Verbände öffentlich dazu aufgefordert hatten. Der VDA löschte sogar ein Redemanuskript seines Präsidenten Matthias Wissmann, in dem dieser falsch über Wachstumsprognosen informiert logo_foodwatchhatte.

Wirtschaftsverbände wollen TTIP. Dass die Lobbyisten die Chancen des Abkommens aufbauschen, ist das eine. Doch auch Parteien und Politiker informieren falsch: Statt womögliche Vorteile gegen Risiken abzuwägen, redet zum Beispiel die CDU fast nur über eventuelle Chancen – und auch das mit falschen Versprechen über Wachstums- oder Job-Effekte.

Hier hört der Spaß auf: Wenn unsere gewählten Volksvertreter falsch informieren, kann man ihnen unmöglich eine fundierte Entscheidung zutrauen. Aus vielen Gesprächen mit Parlamentariern und aus Wahlkreisveranstaltungen hören wir, dass unsere Abgeordneten über wesentliche Dinge gar nicht genau Bescheid wissen. Sie sind an den Verhandlungen nicht direkt beteiligt, haben oft nicht mehr Informationen als die breite Öffentlichkeit – und immer wieder verfängt bei ihnen offenbar die Propaganda von Wirtschaftsverbänden und den Parteioberen in Union und SPD, die TTIP mit aller Gewalt durchsetzen wollen.“  foodwatch, 01.04.2015

Transparenz

Die von Ihnen behauptete Transparenz bei den Verhandlungen gab es nur für einen Personenkreis: Nämlich zunächst nur für die 600 Konzernvertreter. Wie das mit Ihrem Demokratie-Verständnis zu vereinbaren ist, ist mir schleierhaft. Nicht nur der arte-Film „TTIP – Freier Handel oder freie Bürger? vom 21.04.2015 belegt, wie unverfroren intransparent von seiten der Politik bisher vorgegangen wurde.

Strenge EU-Regeln?

Sie sprechen von „strengen EU-Regeln“ im Zusammenhang mit GVO-Zulassungen. Als Verbraucherschutzbeauftragte sollten Sie eigentlich wissen, dass das GMO-Panel der Europäischen Zulassungsbehörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus 21 Befürwortern der Agro-Gentechnik besteht. Dies nur dazu, wie streng es dort zugeht. Ruchbar sind auch immer wieder die Interessenskonflikte zwischen der Industrie und den EFSA-Mitgliedern geworden. Mais_Genmais_Monssanto_Monsantod_gentechnisch_veraendert_1507_Gentechnik_Enzym_Phoshinothricin_cetyltransferase_Dupont_Pioneer_Risikobewertung_Herbizidtoleranz_Resistenzmonitoring
Der Fall Suzy Renckens steht exemplarisch dafür, wie Interessenskonflikte aussehen.

Am 6. Feb. 2013 fand an der Universität S-Hohenheim die Veranstaltung „Sicherheitsforschung im Agrarbereich“ statt. Seit dem wissen wir, dass die EFSA das Studiendesign der Firma Monsanto als Prüfkriterien zugrunde legt. Eigentlich bräuchte man die EFSA jetzt gar nicht mehr, denn Monsanto hat deren Aufgaben längst übernommen.

Private Schiedsgerichte vor Rechtsstaat?

Bei der Veranstaltung am vergangenen Freitag haben Sie sich pro Schiedsgerichtsbarkeit ausgesprochen. Damit stellen Sie  Recht und Gesetz in Frage. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit – also im Geheimen – wird bei der Schiedsgerichtsbarkeit verhandelt. Diese Urteile sind dann unanfechtbar und stehen dann über der nationalen Rechtsprechung.
In dem Beitrag „Rechtsstaaten vor privaten Schiedsgericht?“, Deutsche Richterzeitung 07-08/2014 wird klar aufgezeigt, dass „dem Schiedsverfahren die in jedem Rechtsstaat selbstverständlich gewordene Kontrolle durch die Öffentlichkeit fehlt.“

Ich bin dagegen, dass das unternehmerische Risiko auf die Bürger abgewälzt wird. Jedes Unternehmen sollte sich vorher genau überlegen, ob es in einem politisch instabilen Land investieren sollte oder nicht. Dieses Risiko sollte einzig und allein dem Investor übertragen sein, der ja nicht aus humanitären Überlegungen in anderen Ländern investiert, sondern von den „günstigen“ Bedingungen (niedrige Löhne, geringe Umweltstandards, korrupte staatliche Strukturen) profitieren möchte. Besonders Unternehmen, die ihre Hochrisikotechnologie dort einsetzen möchte, wo der Widerstand in der Bevölkerung zu unterdrücken ist, sollten nicht auch noch mit Möglichkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit ausgestattet werden, um ihre Interessen durchzusetzen.

Es war das unternehmerische Risiko des Atomkraftbetreibers Vattenfall, in die Hochrisikotechnologie Atomkraft zu investieren. Eine bodenlose Frechheit, 4,7 Mrd. Euro Schadensersatz für entgangene Gewinne zu verlangen. Besonders dreist: Wenn die Bundesregierung den Atommüll übernimmt, ist Vattenfall bereit, auf die 4,7 Mrd. Euro zu verzichten.

Investitionshemmnisse und entgangener Profit

Vattenfall verklagt die Bundesrepublik Deutschland auf 4,7 Mrd. Euro Schadensersatz. Diese Schadensersatzklage ist deswegen möglich, weil der Begriff „Enteignung“ seit 1995 weiter ausgelegtDemo TTIP Ulm/Do. 18.04.2015 werden kann. In einem Artikel des Foreign Investment Law Journal wurde für die Idee geworben, dass man den Begriff „Enteignung“ auch auf „Investitionshemmnisse“ und „möglicherweise entgangenen Profit“ ausdehnen sollte. Die Rechnung der Anwaltskanzleien ging auf. Seitdem werden Urteile von internationalen Schiedsgerichten ausgesprochen, die Investitionshemmnisse und entgangener Profit beinhalten. Schiedsgerichtsbarkeiten sind das „Sahnehäubchen“ der Großkonzerne, um maximalen Gewinn herauszuholen.

Haben Sie schon einmal geprüft, ob die USA zur Zahlung von Schadensersatz durch Konzerne verurteilt wurde? Mir ist bisher nicht ein einziger Fall bekannt.

Inzwischen wurden aber  schon viele andere Staaten von Konzernen auf Schadensersatz verklagt. Die Liste ist inzwischen groß. Die Rechtskosten für die sogenannten „Investor-Staats-Klagen“ belaufen sich im Durchschnitt auf 8 Millionen US-Dollar. Für ein mittelständisches Unternehmen eine unvorstellbare Summe. Wie zwischenzeitlich bekannt geworden ist, brauchen deutsche mittelständische Unternehmen sich nicht mehr um Aufträge bewerben, wenn US-amerikanische Mitbewerber dabei sind. Durch die Ausspähung von Unterlagen wird jeder Wettbewerb zunichte gemacht.
Bisher waren unsere Politiker zu naiv um zu durchschauen, mit welch harten Bandagen Großkonzerne ihre Interessen durchboxen.

 

Antiamerikanismus? USA_Ueberwachungsstaat_Department_of_Justice_CIA_Central_Intelligence_Agency_NSA_National_Security_Agency_Bespitzelung_Lauschangriff_Abhoerskandal_Spionage_Geheimdienste-300x300

Es ist kein Antiamerikanismus: Wollen wir mit einem Land, was uns permanent ausspäht, uns nachweislich immer noch besetzt hält, und welches Todesdrohnen verschickt, weltweit Brandherde anzettelt, was unendlich viele Flüchtlingsströme auslöst, Handelsabkommen abschließen?

Sollten die Freihandelsabkommen (TTIP, CETA und TiSA) verabschiedet werden, brauchen die Bürger keine Parlamentarier mehr, weil die Übertragung der Machtbefugnisse auf die Konzerne stattgefunden hat. Die Freihandelsabkommen-Befürworter entmachten sich also selbst.

Standards nicht abgesenkt?

Nassforsch haben Sie bei der o.g. Veranstaltung in Mayen behauptet, dass bisherige Standards nicht abgesenkt werden. Wollen Sie uns belügen?

Bei der WISO-Sendung vom 20.04.2015 wird der Vorschlag der EU-Verhandler vorgestellt, die Pestizid-Werte an das Niveau der Codex Alimentarius (Codex Alimentarius = Nahrungsmittelindustrie wie z.B. Nestlé) „anzugleichen“, d.h. natürlich EU-Standards abzusenken.
Wie Sie geschrieben haben, behält jede Seite weiterhin das Recht, ihr angemessenes Schutzniveau selbst festzulegen und in diesem Rahmen Umwelt-, Sicherheits- und Gesundheitsangelegenheiten so zu regeln, wie sie es für angebracht hält. Wollen Sie uns zum Narren halten?

Regulatorische KooperationIch bin ein Handelshemmnis

Mit der in TTIP enthaltenen Klausel „regulatorischen Kooperation“ sollen in einem schleichenden Prozess vorbei an bisher gültigen Regeln Grenzwerte abgesenkt werden. Gesetzgebungskompetenz  der nationalen Staaten werden damit ausgehebelt, besonders dann, wenn diese dann von den Konzernen als „Handelshemmnis“ erklärt werden.

http://www.zdf.de/wiso/ttip-risiko-fuer-mensch-und-umwelt-38077134.html

Sehr geehrte Frau Heil, es geht doch nicht um technische Standards. Niemand hat etwas dagegen einzuwenden, wenn rote und gelbe Blinker vereinheitlicht werden. Wenn aber zukünftig Gesetze erst danach abgeklopft werden sollen, ob sie nicht gegen Gewinninteressen der Großkonzerne verstoßen, dann gibt es nur eins:

Freihandelsabkommen stoppen

 

Mit TTIP-, CETA- und TiSA-freien Grüßen

Marie-Luise Volk

Sprecherin der Bürgerinitiative „Bürger/innen sagen NEIN zur Agro-Gentechnik“ im Landkreis Cochem-Zell

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